Nur, wer an seiner Resilienz arbeitet, ist geschützt vor dem, was uns das Leben derzeit abverlangt. Foto: NadyaSo/Adobe Stock

20.01.2023

Krisen gut meistern

Die vergangenen Jahre und die aktuelle Lage zehren an den Kräften aller. Wie verliert man dabei nicht den Mut?

Resilienz-Expertin Denise Clauß kennt die Abgründe, die das Leben manchmal bereithält. Was man dafür tun kann, um gut durch Krisen zu kommen, sagt die NLP-Coachin im Gespräch mit TOP HAIR.

TOP HAIR: Derzeit hört man überall das Wort Resilienz. Was ist das genau?

Denise Clauß: Resilienz ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.

Wie kann ich denn feststellen, wie resilient ich bin?

Sie sind sehr resilient, wenn Sie gut mit Stress umgehen können und nur selten körperliche und psychische Erkrankungen haben. Auch Ihre allgemeine Lebenszufriedenheit ist dann höher und Sie sind mit dem Leben im Einklang.

Wie kann ich an meiner Resilienz arbeiten, sie aufbauen?

Psychische Widerstandskraft ist mit Trainings erlernbar. Faktoren wie Optimismus, Selbstwirksamkeit, Akzeptanz, Achtsamkeit, Stressmanagement oder Zukunftsplanung kann man kontinuierlich stärken und so der Entwicklung von stressinduzierten Erkrankungen vorbeugen, etwa Depressionen, Angst und Burnout. Und dann muss man lernen, sein Gegenüber so zu lassen, wie es ist.

Sind Optimisten resilienter?

Auch resiliente Menschen kommen immer wieder in Situationen, in denen sie feststellen, dass ihre Gedanken gerade nicht so sind, wie sie sollten. Wir sind alle Menschen, das ist ganz normal. Man darf nur in diesem Moment nicht verharren und in dem negativen Fahrwasser bleiben.

Es ist also kein Manko, wenn ich mich auch mal so richtig „auskotze“?

Das ist völlig normal, das ist auch völlig in Ordnung. Als resilienter Mensch müssen wir die Gefühle, die wir haben, wahrnehmen und herausfinden, warum die denn jetzt gerade so sind.

Wie erkenne ich bei meinem Gegenüber, dass es ihm bzw. ihr an Resilienz fehlt?

Meistens erkennt man das erst in anhaltenden, stressigen Situationen, wenn zum Beispiel die Person oft unkonzentriert ist, immer wieder dieselben Fehler macht, Emotionen nicht mehr unter Kontrolle hat, bei Stress hektisch wird, weint, aggressiv oder erschöpft ist.

Wie kann ich meine Mitarbeiter*innen im Salon resilienter machen?

Um resilientere Mitarbeiter zu fördern, bedarf es des Verstehens von Resilienz und wie Menschen funktionieren. Jeder Mensch geht anders mit anhaltendem Stress um. Das Wichtigste ist: Entspannung bewirken beim Gegenüber. Stressmanagement, Work-Life-Balance, Überlebungsmodus und Emotionssteuerung sind einige Themen dafür.

Sollte ich eine*n Mitarbeiter*in auf fehlende Resilienz ansprechen?

Ich empfehle dafür definitiv ein persönliches Gespräch. Am besten schon im Vorfeld, beim Monats- oder Quartalsgespräch: Was kann ich für dich in einer für dich stressigen Situation tun? Das sind dann oftmals nur Kleinigkeiten: eine kurze Runde um den Block, eine Zigarette rauchen, 4-Minuten-Meditation. Wichtig ist es dann aber auch, wenn der Mitarbeiter die 10-Minuten-Pause einfordert, dass er sie dann auch bekommt. Wenn das nicht funktioniert, wird der Mitarbeiter nie wieder Vertrauen haben und ehrlich sein.

Gibt es bei der Resilienz-Fähigkeit einen Unterschied zwischen den Geschlechtern?

Der größte Unterschied ist wohl, dass Frauen ihre Gefühle eher wahrnehmen und Männer diese nicht spüren oder ignorieren, weil sie dies durch ihre Prägung so vermittelt bekommen haben. Die unterschiedlichen Rollenbilder, die beide Geschlechter erfüllen müssen, sind ebenfalls Faktoren.

Sie raten dazu, sich von Negativem zu distanzieren. Wie macht man das im Salon, wenn Kund*innen ihre Sorgen abladen und auf die Welt schimpfen?

Zuerst muss man verstehen, dass man nicht davon ausgehen darf, dass das Gegenüber genauso fühlt und dieselbe Sicht auf die Dinge hat wie man selbst. Jeder Mensch hat eine andere Wertung von Dingen, Lebensumständen usw. Das heißt, die Mitarbeiter*innen dürfen lernen, sich emotional zu schützen! Sie können lernen, nur zuzuhören und dass sie nur begrenzt helfen können. Diese Themen müssen sie am Abend ausblenden und dürfen sie nicht mit nach Hause nehmen.

Bitte geben Sie uns drei Tipps, die man morgen sofort umsetzen kann, um die eigene Resilienz zu stärken

1. Emotionen steuern. Die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu lenken, ist zentral. Das bedeutet nicht, dass man Emotionen unterdrückt, sondern dass man weiß, wie man mit Ärger, Frust und allem anderen umgeht, damit man die Emotion überwindet und es einem wieder rasch gut geht.

2. Die Probleme beim Kunden lassen und nicht zu den eigenen machen.

3. Entspannungstechniken im Tag einbauen.

Interview: Yvonne Rieken

„Egal, aus welcher Konstellation im Leben man kommt, man kann immer noch resilienter werden.“

Denise Clauß

Entspannungs-Tipp:

Einfache Atemübung: Augen schließen, 4 Sekunden einatmen, 8 Sekunden Luft anhalten, 16 Sekunden ausatmen. 3 Mal wiederholen.

Denise Clauß. Foto: Simone Martens
Denise Clauß. Foto: Simone Martens

Zur Person:

Denise Clauß

war Friseurmeisterin mit drei Salons und 30 Angestellten, bevor sie ein Burnout hatte. Trotz früher Gewalterfahrungen, Übergriffen, Verlusten und Depressionen ist Clauß ein sehr resilienter Mensch. Nach einem Psychologie-Studium und zahlreichen Weiterbildungen coacht sie heute andere Menschen zu mehr Resilienz und betrachtet dabei jeden Klienten und sein Umfeld ganzheitlich. „Erwecke deine Superkraft Resilienz“ heißt der Podcast von Denise Clauß, in dem sie Strategien und Hilfestellung zur Resilienz gibt. Mehr Infos und kostenlose Erstgespräche gibt es unter: deniseclauss.de(dort geht es auch zum Podcast) und auf ihren Social-Media-Kanälen.